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Das Schweigen der Jungen: Merz’ Renten-Debakel und der 120-Milliarden-Verrat – Steht die CDU vor dem Kollaps?

Es ist ein Moment, der in die Geschichtsbücher der CDU eingehen wird – als Symbol eines tiefen, unheilbaren Bruchs. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) im Europapark Rust steht der Mann, der die Partei anführt, der Kanzler sein will, Friedrich Merz, auf der Bühne. Er spricht. Und als er endet, geschieht: nichts. Kein Applaus. Stattdessen hallen „Buh“-Rufe durch den Saal. Es ist nicht nur ein Mangel an Höflichkeit; es ist eine politische Hinrichtung. Ein Totalfiasko.

Was war geschehen? Es ist der offene Aufstand der Jugend gegen die eigene Führung, entzündet an einer Zahl, die wie ein Menetekel über der Veranstaltung schwebt: 120 Milliarden Euro.

Dies ist keine abstrakte Zahl. Es sind die geschätzten Folgekosten eines Rentenpakets, das, so sehen es die jungen Rebellen, nichts Geringeres ist als ein Verrat an ihrer Zukunft. Ein Verrat, der von der eigenen Parteispitze nicht nur geduldet, sondern aktiv mitgetragen wird. Die Jungen Union, angeführt von ihrem Chef Johannes Winkel, hatte Tage zuvor den Druck massiv aufgebaut. Winkel machte klar: Dieses Paket, das weit über den Koalitionsvertrag hinausgeht, „darf auf keinen Fall so kommen“.

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Die jungen Unionspolitiker, die Basis, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Zeche zahlen soll, erwarteten ein Machtwort von ihrem Vorsitzenden. Sie erwarteten, dass Merz die Pläne der Regierung – ihre eigenen Koalitionspartner – stoppt. Sie erwarteten Führung, Klarheit, ein Bekenntnis zu ihren Interessen.

Sie bekamen Friedrich Merz.

In der anschließenden Diskussion, die als weitaus spannender als die eigentliche Rede beschrieben wird, kommt die Kernfrage auf den Tisch. Die Frage nach den 120 Milliarden. Die Frage nach einem klaren „Ja“ oder „Nein“. Merz, der erfahrene Taktiker, windet sich. Er verweist auf den Koalitionsvertrag, darauf, dass die Haltelinie ja nur bis 2031 festgeschrieben sei. Er verspricht vage, dass man die Vorsorge bis dahin reformieren werde. Er behauptet, die Hochrechnungen ab 2032 würden dann schon „nicht stimmen“, weil man ja „vorher andere Entscheidungen“ treffe.

Es sind Sätze, die man in Berlin seit Jahrzehnten hört. Leere Versprechungen, die wie Seifenblasen zerplatzen, sobald sie auf die kalte Realität der demografischen Entwicklung treffen. Die Jungen im Saal spüren das. Sie spüren, dass sie abgespeist werden. Merz behauptet, er habe den Sozialdemokraten gesagt, „liebe Freunde, das geht nicht“, man könne nicht alles lassen, wie es ist. Doch am Ende, so die bittere Erkenntnis im Saal, scheint er es doch zu tun. Er knickt ein.

Das Schweigen im Saal ist daher mehr als nur eine Reaktion auf eine enttäuschende Rede. Es ist das ohrenbetäubende Geräusch einer Generation, die realisiert, dass sie für die „Fehler ihrer Eltern“ bezahlen muss – und dass der Mann, der sie schützen sollte, sie gerade ans Messer liefert. Es ist, wie es ein Kommentator treffend zusammenfasst, eine „komplett peinliche Show“.

Doch dieser Eklat ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom für eine Partei, die ihre Identität verloren hat und sich in einem Teufelskreis aus Enttäuschungen dreht. Der Zorn auf Merz ist nur die jüngste Eruption einer langen Kette des Scheiterns. Man erinnert sich an die müden Jahre unter Angela Merkel, als jede Form von inhaltlicher Debatte erstickt wurde. Man erinnert sich an den hilflosen Versuch, mit Armin Laschet Erneuerung zu simulieren – ein Versuch, der in einem historischen Wahldebakel endete.

Jedes Mal, so die zynische Beobachtung, wurde der nächste Kandidat als der Retter präsentiert. Erst Laschet, der Merkelianer, der es richten sollte. Als er scheiterte, kam Merz, der Konservative, der die Partei zurück zu ihren Wurzeln führen sollte. Und nun, da auch Merz offensichtlich vor den Augen seiner eigenen Jugend demontiert wird, stehen die nächsten “Retter” schon bereit. Namen wie Hendrik Wüst oder Carsten Linnemann werden bereits gehandelt.

Germany's Merz admits Europe was free-riding on the US

Das Muster ist immer dasselbe: Die Partei ist angeblich „klasse“, nur der Vorsitzende war das Problem. Eine fatale und lächerliche Selbsttäuschung.

Besonders entlarvend ist das Verhalten von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann auf ebendiesem Deutschlandtag. Während die Jugend der Partei über die 120-Milliarden-Bombe debattiert, wählt Linnemann eine andere Bühne. Er „pestet gegen Weidel“ und liefert einen „knallharten AfD-Vergleich“. Er wirft Alice Weidel vor, sie könne keine drei Dinge aufzählen, die sie an diesem Land gut finde, und brandmarkt die AfD als „Weltuntergangspartei“.

Gleichzeitig gibt er zu, es laufe „nicht alles rund in Deutschland“. Ein Kommentator fragt spöttisch: „Nenn mir zwei Sachen, die gut laufen in Deutschland.“ Abgesehen von den Finanzämtern fällt ihm wenig ein. Linnemann zählt zwar fünf Punkte auf, wo die Regierung besser werden müsse – Steuern, Fachkräfte, Energie, Bürokratie – doch die „große Rentenrebellion“ in den eigenen Reihen? Die umschifft er elegant.

Das Manöver ist durchsichtig und zynisch. Es ist der klassische Versuch, von der eigenen „schlechten Politik“ abzulenken, indem man auf einen externen Feind eindrischt. Statt sich dem Zorn der eigenen Jugend zu stellen und Verantwortung für ein 120-Milliarden-Desaster zu übernehmen, wird der politische Gegner attackiert. Es ist ein Ablenkungsmanöver, das niemanden mehr täuscht. Es wirkt wie der verzweifelte Versuch eines Mannes, sich nicht die Finger zu verbrennen, um sich selbst als möglicher nächster Kanzlerkandidat ins Spiel zu bringen.

Die Partei, so das vernichtende Urteil von Beobachtern, ist „unten vollkommen durch“. Was auf Kreisparteitagen noch als „Euphorie“ verkauft wird, ist in Wahrheit eine Bewegung „Richtung Vollgas Richtung Untergang“.

Das tragische an der Situation ist die Ohnmacht derer, die es eigentlich besser wissen müssten. Die Junge Union ist nicht der linke Flügel der Partei. Es sind die Jungen, die Konservativen, die Marktwirtschaftler. Es sind diejenigen, die an die CDU geglaubt haben. Und selbst sie, die junge, digital-affine Generation, die auch mal ein kritisches Video sieht, scheinen am Ende machtlos gegen den Apparat.

Friedrich Merz beim Deutschlandtag: Der Kanzler enttäuscht die Junge Union  - DER SPIEGEL

Die Wette, die an diesem Tag im Raum steht, ist brutal: Werden Merz und die Junge Union „umknicken“? Werden die jungen Bundestagsabgeordneten, die jetzt noch rebellieren, am Ende doch zustimmen, wenn der Fraktionszwang ruft? Die Erfahrung der letzten Jahre lehrt: Sie werden. Der Protest wird verpuffen, die Wut wird der Parteidisziplin weichen.

Und genau das ist das Drama der CDU im Jahre 2025. Der Mangel an Applaus für Friedrich Merz war kein Versehen. Es war kein Mitleidsapplaus mehr möglich, weil das Mitleid aufgebraucht ist. Es ist die kalte Realität einer Partei, die den Kontakt zu ihrer eigenen Zukunft verloren hat. Die jungen Leute, die dort saßen, sind diejenigen, die in den nächsten Jahren die Konsequenzen tragen müssen. Ihre Kinder und Kindeskinder werden das bezahlen, was Friedrich Merz und seine Generation gerade verbocken.

Das Schweigen im Europapark Rust war der Sound einer Generation, die nicht mehr bereit ist, für die Fehler der Alten zu applaudieren. Die Frage ist nur, ob sie auch die Kraft hat, den Kurs zu ändern – oder ob sie, wie so oft zuvor, am Ende doch nur als zahnloser Tiger in der Manege einer sterbenden Volkspartei endet. Die Wette steht.

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