DIE GROSSE FACHKRÄFTEMANGEL-LÜGE: Warum Tausende trotz Top-Ausbildung keinen Job finden und wie Unternehmen uns täuschen!
Es ist das Mantra der deutschen Wirtschaft, das uns täglich in den Nachrichten, Talkshows und Zeitungsartikeln um die Ohren gehauen wird: “Wir haben einen massiven Fachkräftemangel!” Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus, Unternehmen müssen Aufträge ablehnen, die Wirtschaft stagniert, weil Hände fehlen. Doch wenn das wahr ist, warum sitzen dann Hunderttausende gut ausgebildete Menschen zu Hause, schreiben Bewerbung um Bewerbung und erhalten nur Absagen oder – noch schlimmer – gar keine Reaktion? Ein genauerer Blick auf die Zahlen und die perfiden Strategien mancher Unternehmen enthüllt eine bittere Wahrheit: Der Fachkräftemangel, so wie er uns verkauft wird, ist in weiten Teilen eine Illusion. Eine bequeme Ausrede für strukturelle Probleme, Lohndumping und eine verfehlte Bildungspolitik.
Der Akademisierungs-Wahn: Wenn jeder Häuptling sein will
Beginnen wir bei der Wurzel des Übels: dem Bildungssystem. Vor gut 20 Jahren, im Jahr 2002, studierten in Deutschland weniger als zwei Millionen Menschen. Heute steuern wir auf die 3-Millionen-Marke zu. Das ist ein Anstieg von fast 50 Prozent! Ein Hochschulabschluss, früher der Garant für eine glänzende Karriere und ein Ticket in die Oberschicht, ist zur Massenware verkommen. Wer heute “nur” einen Bachelor in der Tasche hat, geht in der Masse unter.
Das Studium ist zur neuen Grundschule geworden – eine bloße Basisvoraussetzung, die allein kaum noch jemanden beeindruckt. Arbeitgeber haben sich an diese Flut von Akademikern gewöhnt und schrauben die Anforderungen ins Unermessliche: Berufserfahrung, Auslandspraktika, Softwarekenntnisse – und das am besten schon mit Mitte 20. Wer frisch von der Uni kommt, steht oft vor verschlossenen Türen. Die bittere Realität für viele Absolventen, besonders in den beliebten Fächern wie BWL oder Geisteswissenschaften, ist der direkte Weg in die Arbeitslosigkeit oder in prekäre Praktikumsverhältnisse. Wir produzieren am Markt vorbei. Während die Unis aus allen Nähten platzen, bleiben die Werkbänke leer.

Die Lüge von den fehlenden Köpfen
Ein Faktencheck der Bundesagentur für Arbeit bringt Erstaunliches ans Licht. Aktuell gibt es etwa 635.000 gemeldete offene Stellen. Dem gegenüber stehen aber über 3,5 Millionen Arbeitslose (inklusive Unterbeschäftigung). Darunter befinden sich fast 300.000 Akademiker! Rein rechnerisch könnte man also fast die Hälfte aller offenen Stellen sofort mit arbeitslosen Akademikern besetzen. Warum passiert das nicht?
Die Antwort ist schmerzhaft einfach: Wir haben keinen pauschalen Fachkräftemangel, wir haben einen Mangel an Matching und vor allem einen Mangel an Attraktivität in den Bereichen, wo es wirklich brennt. Der Mangel herrscht nicht in den klimatisierten Büros der Marketing-Agenturen, sondern dort, wo es weh tut: in der Pflege, im Handwerk, in der Kinderbetreuung, auf dem Bau.
Doch warum will dort niemand arbeiten? “Hello, I like money”, bringt es der YouTuber “finanzvorteile” treffend auf den Punkt. Der Gehaltsunterschied ist gigantisch. Während man im Banken- und Finanzsektor mit einem Mediangehalt von 57.000 Euro rechnen kann, werden Pflegekräfte und Sozialarbeiter oft mit unter 40.000 Euro abgespeist – bei Schichtdienst, körperlicher Schwerstarbeit und enormer psychischer Belastung. Wenn ein Job unattraktiv ist, fehlen keine Fachkräfte, dann fehlen gute Arbeitsbedingungen. Es ist zynisch, von Fachkräftemangel zu sprechen, wenn man eigentlich meint: “Wir finden niemanden, der diesen Knochenjob für diesen Hungerlohn machen will.”
Das dreiste Spiel mit den “Ghost Jobs”
Doch es kommt noch schlimmer. Wer glaubt, jede Stellenanzeige im Internet sei echt, ist naiv. Ein Phänomen aus den USA schwappt zunehmend auch zu uns herüber: die sogenannten “Ghost Jobs”. Schätzungen zufolge ist bis zu ein Drittel aller online ausgeschriebenen Stellen gar nicht vakant!

Warum tun Unternehmen das? Die Gründe sind so vielfältig wie verwerflich:
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Daten-Klau: Bewerbungen sind eine Goldgrube für Daten. Unternehmen sammeln Lebensläufe, um einen Talent-Pool aufzubauen – für den Fall der Fälle, der vielleicht nie eintritt. Der Bewerber wird zum kostenlosen Datenlieferanten degradiert.
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Wachstums-Illusion: Gegenüber Investoren und Konkurrenten macht es sich gut, wenn man permanent “sucht”. Es suggeriert Wachstum und Prosperität, auch wenn es in der Firma eigentlich kriselt. “Seht her, wir expandieren!”, rufen die gefakten Anzeigen, während intern vielleicht schon die Kündigungswellen rollen.
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Beruhigungspille für die Belegschaft: Dies ist vielleicht der perfideste Grund. Die bestehenden Mitarbeiter sind überlastet, schieben Überstunden und stehen kurz vor dem Burnout. Um sie bei der Stange zu halten, schaltet die Geschäftsführung Stellenanzeigen. Die Botschaft: “Haltet durch, Hilfe ist unterwegs, wir suchen ja händeringend!” In Wahrheit ist gar kein Budget für neue Leute da, und die “Hilfe” wird niemals kommen. Die Mitarbeiter ackern sich kaputt in der Hoffnung auf Entlastung, die eine Lüge ist.
Der Bewerber als Opfer
Was macht das mit den Menschen? Tausende investieren Zeit, Herzblut und Hoffnung in Bewerbungen für Jobs, die es gar nicht gibt. Sie zweifeln an sich selbst, fallen in Depressionen, fühlen sich wertlos. “Bin ich nicht gut genug?”, fragen sie sich nach der zehnten Absage oder dem hundertsten Schweigen. Dabei liegt das Problem oft gar nicht bei ihnen. Sie bewerben sich auf Phantome.
Es ist an der Zeit, die Erzählung vom Fachkräftemangel kritisch zu hinterfragen. Ja, es fehlen Leute in bestimmten Sektoren – aber das ist ein hausgemachtes Problem von Politik und Wirtschaft, die jahrelang die duale Ausbildung abgewertet und soziale Berufe kaputtgespart haben. Und ja, es gibt Branchen, die händeringend suchen. Aber die Pauschalaussage “Wer arbeiten will, findet auch was”, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich vergeblich bemühen.

Fazit: Lasst euch nicht täuschen!
Wenn ihr also das nächste Mal lest, dass Fachkräfte fehlen, denkt daran: Vielleicht fehlen einfach nur faire Löhne. Vielleicht ist die Stelle, auf die ihr euch bewerbt, nur ein Geist. Und vielleicht seid ihr nicht das Problem. Das System spielt falsch. Es ist bequem für die Wirtschaft, “Fachkräftemangel” zu rufen, um nach Zuwanderung und billigeren Arbeitskräften zu schreien, statt die eigenen Hausaufgaben zu machen: Löhne rauf, Arbeitsbedingungen verbessern und aufhören, die Menschen mit Fake-Stellen an der Nase herumzuführen.
Du bist nicht allein mit deinem Frust. Tausende erleben gerade dasselbe. Es ist wichtig, dass wir darüber sprechen und diese Mechanismen entlarven. Nur so kann sich vielleicht irgendwann etwas ändern. Bis dahin gilt: Kopf hoch, Wert behalten und nicht jede Absage persönlich nehmen – oft hat sie mit dir gar nichts zu tun.




