Eklat im Live-Interview: AfD-Politiker spricht über „Remigration“ und Deutschlandfahne – Moderatorin bricht abrupt ab
Ein tiefer Graben durchzieht die deutsche Medien- und Politiklandschaft. Auf der einen Seite stehen die etablierten Medienhäuser, die sich als Wächter der Demokratie und des faktenbasierten Diskurses verstehen. Auf der anderen Seite formiert sich eine laute Gegenöffentlichkeit, angeführt von alternativen Medienplattformen und Politikern der AfD, die den Mainstream-Medien „Haltungsjournalismus“, Zensur und eine gezielte „Schmutzkampagne“ vorwerfen. Selten wurde dieser Konflikt so deutlich und innerhalb so weniger Minuten sichtbar wie in einem kürzlich viral gegangenen Interviewausschnitt mit dem Brandenburger AfD-Politiker Christoph Bernt.
Was als routinemäßiges politisches Gespräch vor der Landtagswahl begann, entwickelte sich schnell zu einem Lehrstück über moderne Diskursverweigerung, ideologische Gräben und die Macht der Symbole. Ein Interview, das nicht mit einem Händedruck, sondern mit einem abrupten Abbruch endete und im Netz für hitzige Debatten sorgt. Es wirft die Frage auf: Erleben wir hier notwendigen, konfrontativen Journalismus oder die Unfähigkeit, eine unliebsame politische Realität abzubilden?

Die Akteure: Ein Politiker im Visier und eine Moderatorin unter Druck
Im Zentrum des Geschehens steht Christoph Bernt, eine nicht unumstrittene Figur in der Brandenburger AfD. Er ist ein Politiker, der klare Kante zeigt und dessen Rhetorik polarisiert. Genau das macht ihn für seine Anhänger wählbar und für seine Gegner zu einer Bedrohung. Die Brisanz seiner Person wird durch eine Tatsache untermauert, die im Verlauf des Interviews zur Waffe wird: Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft Bernt als „erwiesenen Rechtsextremisten“ ein. Für Bernt und seine Unterstützer ist dies, wie er selbst im Gespräch anmerkt, lediglich eine „billige Methode“, einen politischen Gegner zu „markieren“, inszeniert vom SPD-geführten Innenministerium. Für die Moderatorin und ihre Redaktion ist es eine journalistische Pflicht, diesen Fakt zu benennen.
Auf der anderen Seite die namentlich nicht genannte Moderatorin eines öffentlich-rechtlichen Senders. Sie repräsentiert den „Mainstream“, den Bernt und seine Partei so vehement kritisieren. Sie ist in der Zwickmühle: Lässt sie seine Aussagen unwidersprochen, wirft man ihr Verharmlosung vor. Konfrontiert sie ihn zu hart, bedient sie das AfD-Narrativ der voreingenommenen „Systempresse“.
Das Interview findet in einem bereits aufgeladenen Klima statt. Alternative Medien, wie der YouTube-Kanal „DER GLÜCKSRITTER“, der den Clip kommentierte, sprechen von einer regelrechten „Schmutzkampagne“ gegen Bernt. Als Beispiel wird eine Spende Bernts für ein Dorfffest genannt, die von Medien zu einem Skandal aufgebauscht worden sei. Diese Vorgeschichte ist der Nährboden, auf dem der Eklat gedeiht.
Eskalationsstufe 1: Die Symbolik der Flaggen
Der erste Moment, in dem die Stimmung im Studio kippt, ist die Frage nach Bernts erster Amtshandlung als potenzieller Ministerpräsident. Seine Antwort ist kein wirtschafts- oder sozialpolitisches Manöver, sondern ein rein symbolischer Akt: „Als erstes würde ich mal einen Erlass erlassen, dass keine Regenbogenfahren mehr aufgezogen werden, sondern nur Schwarz-Rot-Gold und Brandenburg-Fahnen“.
Diese Aussage ist ein gezielter Paukenschlag. Er stellt die deutsche Nationalflagge in direkten Gegensatz zur Regenbogenflagge, einem globalen Symbol für Diversität und LGBTQ+-Rechte. Bernts Begründung: „Um deutlich zu machen, dass unsere Politik darauf ausgerichtet ist, für die eigenen Leute da zu sein. […] Ich halte es für überfällig, dass wir in Deutschland mal wieder Politik für die eigenen Leute machen und nicht für die Welt“.
Hier kollidieren zwei Weltanschauungen frontal: das national-konservative „Wir zuerst“ gegen das liberal-kosmopolitische „Alle sind willkommen“. Für die Kommentatoren der Gegenöffentlichkeit ein Skandal im Skandal: Die Moderatorin macht an dieser Stelle einen verräterischen freudschen Versprecher. Sie fragt nach, ob er die Regenbogenfahnen „verbrennen“ wolle, korrigiert sich dann auf „verbannen“. Für den Kommentator des YouTube-Clips der klare Beweis: „An dieser Stelle merkst du, wie die Reporterin von der AfD denkt“. Sie habe, so die Unterstellung, sofort das Bild brennender Fahnen im Kopf – ein klassisches Framing.
Eskalationsstufe 2: Der Streit um die Wirtschaft und das „UFO“ Tesla
Die Moderatorin versucht, das Gespräch auf Sachthemen zu lenken und konfrontiert Bernt mit den positiven Wirtschaftszahlen Brandenburgs, insbesondere dem Spitzen-Wachstum von 2,1 Prozent. Doch Bernt lässt sich nicht auf dieses Terrain locken. Er bürstet das Lob als Verdienst von Elon Musk und dessen Tesla-Werk ab, nur um die Regierung im nächsten Satz für genau dieses Werk zu attackieren.
Die Regierung habe dafür gesorgt, dass Tesla „am falschen Standort steht, nämlich im Wasserschutzgebiet“. Mehr noch, Tesla sei ein „UFO“ in Brandenburg, das dem eigentlichen Rückgrat der Wirtschaft, den kleinen und mittelständischen Betrieben, nichts bringe. Diese, so Bernt, „ächzen unter Bürokratie, unter hohen Energiepreisen und dass sie keine Mitarbeiter mehr finden“. Es ist die klassische populistische Rhetorik: Die Eliten feiern ein globales Leuchtturmprojekt, während der lokale Handwerker zugrunde geht.

Eskalationsstufe 3: Das Unwort „Remigration“
Der endgültige Bruchpunkt ist erreicht, als die Moderatorin nach Bernts Lösungen für den Fachkräftemangel fragt. Bernt präsentiert einen Drei-Stufen-Plan. Zuerst würde er für „Remigration“ sorgen, „weil Migration Fachkräfte vertreibt und Fachkräfte bindet“. Zweitens würde er die berufliche Bildung stärken, statt die Hälfte eines Jahrgangs zum Abitur zu schicken. Drittens würde er die 1,2 Millionen jungen Menschen zwischen 15 und 29, die „gar nichts machen“, wieder ins Arbeitsleben zurückführen.
Das Wort „Remigration“ lässt bei der Moderatorin alle Alarmglocken schrillen. Sie hakt nach: „Wenn Sie sagen, Sie wollen Remigration als Erstes umsetzen, dann fehlen Ihnen aber erstmal Leute“. Für den YouTube-Kommentator ist dies der Beweis, dass sie „das Konzept der AfD offiziell nicht verstanden hat“.
Bernt und seine Unterstützer legen Wert auf die Feststellung, dass es nicht um die Vertreibung von integrierten „Gastarbeitern“ gehe, sondern um Menschen, „die hier nicht legal sich bewegen, nicht an Gesetze halten, die eben nicht einen Mehrwert für die Gesellschaft bringen“. Doch Bernt geht noch einen Schritt weiter und dreht das Narrativ des Fachkräftemangels komplett um. Nicht die Zuwanderung löst das Problem, sie sei die Ursache. Er behauptet: „Das, was wir haben, ist eine Asylzuwanderung, und die bindet Fachkräfte, weil sie einen hohen Betreuungsaufwand hat“. Schlimmer noch, qualifiziertes Personal, wie etwa 2.000 Ärzte jährlich, würde Deutschland verlassen – „wegen der Migration, aber auch wegen der Steuern und wegen der ganzen Atmosphäre im Land“.
Der Abbruch: Die „Rechtsextremismus-Keule“
In diesem Moment ist das Gespräch inhaltlich bereits am Ende. Die Moderatorin scheint, so die Analyse des Kommentators, geistig „abgeschaltet“ zu haben. Sie zieht die letzte Karte, die ihr journalistisch bleibt: die Konfrontation mit dem Verfassungsschutz-Urteil. „Der Brandenburger Verfassungsschutz, der stuft Sie als erwiesenen Rechtsextremisten ein“.
Für die einen ist dies eine notwendige Einordnung, um die vorherigen Aussagen zu kontextualisieren. Für die anderen ist es die „Rechtsextremismus-Keule“, der finale Versuch, einen politisch unbequemen Gegner zu delegitimieren, wenn die Argumente ausgehen.
Bernts Reaktion ist routiniert. Er wischt den Vorwurf als politisches Manöver beiseite und verweist auf Thüringen, wo die AfD trotz (oder wegen) der Einstufung ihres Landesvorsitzenden stärkste Kraft sei. Die Wähler, so seine Botschaft, interessiere diese „Markierung“ nicht mehr.
Unmittelbar nach dieser Replik beendet die Moderatorin das Gespräch. „Hans Christoph Bernt war das“. Ein abruptes Ende. Kein Nachhaken, keine Verabschiedung. Ein Schnitt.

Fazit: Ein Mikrokosmos der Spaltung
Das viral gegangene Interview ist mehr als nur ein verpatztes Gespräch. Es ist ein Mikrokosmos der deutschen Gegenwart. Es zeigt einen „Dialog der Gehörlosen“, in dem beide Seiten nur noch in ihren eigenen Echokammern agieren.
Die Moderatorin handelte mutmaßlich nach journalistischen Standards, die eine klare Haltung gegen als extremistisch eingestufte Positionen verlangen. In den Augen von AfD-Anhängern hat sie jedoch genau das getan, was diese ihrer Zunft vorwerfen: Sie hat ein Programm abgespult, das darauf abzielte, den Politiker „schlecht zu reden“, und das Gespräch beendet, als er ihr argumentativ entglitt.
Die enorme Reichweite von Gegen-Narrativen, wie dem des „Glücksritters“, zeigt, dass das Vertrauen in die Deutungshoheit der etablierten Medien massiv erodiert ist. Während die eine Seite einen notwendigen Akt der Abgrenzung sieht, feiert die andere Seite einen „Sieg“ Bernts, der die „Maske“ der Medien habe fallen lassen.
Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom einer tiefen Spaltung, in der Sprache, Symbole und selbst Wirtschaftsdaten zu Waffen in einem unversöhnlichen Kulturkampf geworden sind. Die bevorstehenden Wahlen in Brandenburg und anderen ostdeutschen Bundesländern werden nicht im Konsens, sondern in der Konfrontation entschieden. Und dieser Interview-Eklat war nur ein Vorgeschmack auf die Härte der Auseinandersetzungen, die diesem Land noch bevorstehen




